Erstmalig veröffentlicht 08/2020 im Telegram-Kanal „Tauhīd & Sunnah“ (Link)
Talabu l-‛Ilm: Das Wissen braucht Zeit
‛Abdu r-Razzāq [gest. 211 n.H.] überliefert im Musannaf von Ma‛mar:
أَخْبَرَنَا مَعْمَرٌ يَقُولُ: «مَنْ أَخَذَ الْعِلْمَ جُمْلَةً ذَهَبَ مِنْهُ جُمْلَةً» [مصنّف عبد الرزّاق]
„Wer das Wissen als Ganzes aufnehmen will, dem entgeht es als Ganzes.“
Ma‛mar wiederum nahm diese Aussage von dem bedeutenden Gelehrten und Hadīth-Überlieferer Ibnu Schihāb az-Zuhrī [gest. 124 n.H.], wie al-Khatību l-Baghdādī [gest. 463 n.H.] überliefert:
… سَمِعْتُ عَبْدَ الرَّزَّاقِ، يَقُولُ: سَمِعْتُ مَعْمَرًا، يَقُولُ: سَمِعْتُ الزُّهْرِيَّ، يَقُولُ: «مَنْ طَلَبَ الْعِلْمَ جُمْلَةً فَاتَهُ جُمْلَةً، وَإِنَّمَا يُدْرَكُ الْعِلْمُ حَدِيثٌ وَحَدِيثَانِ» [الجامع لأخلاق الراوي وآداب السامع]
„Wer das Wissen als Ganzes [bzw. mit einem Mal] aufnehmen will, dem entgeht es als Ganzes. Das Wissen erlangt man nur … einen Hadīth, zwei Hadīthe [die man nach und nach aufnimmt].“
Außerdem überliefert diesen Inhalt Ibnu ‛Abdi l-Barr [gest. 463 n.H.] von Yūnus ibnu Yazīd:
… عَنْ يُونُسَ بْنِ يَزِيدَ قَالَ: قَالَ لِي ابْنُ شِهَابٍ، يَا يُونُسُ، «لَا تُكَابِرِ الْعِلْمَ؛ فَإِنَّ الْعِلْمَ أَوْدِيَةٌ , فَأَيُّهَا أَخَذْتَ فِيهِ قَطَعَ بِكَ قَبْلَ أَنْ تَبْلُغَهُ وَلَكِنْ خُذْهُ مَعَ الْأَيَّامِ وَاللَّيَالِي، وَلَا تَأْخُذِ الْعِلْمَ جُمْلَةً؛ فَإِنَّ مَنْ رَامَ أَخْذَهُ جُمْلَةً ذَهَبَ عَنْهُ جُمْلَةً وَلَكِنِ الشَّيْءُ بَعْدَ الشَّيْءِ مَعَ اللَّيَالِي وَالْأَيَّامِ» [جامع بيان العلم وفضله]
„… und versuche nicht, dass Wissen als Ganzes [bzw. mit einem Mal] aufzunehmen, denn wer das Wissen als Ganzes aufnehmen will, dem entgeht es als Ganzes. Vielmehr muss es nach und nach aufgenommen werden, mit den Nächten und Tagen.“
Mit der Anmerkung zu den genannten Überlieferungen, dass von mehreren späteren Hadīth-Gelehrten, vor allem ab dem 4. Jahrhundert n.H., Aussagen über die islamischen Glaubensgrundlagen überliefert werden, die sich nicht mit dem ’I‛tiqād der Salaf decken – wenn auch die bloße Überlieferung gewisser Aussagen durch solche Leute durchaus annehmbar sein kann. Dieser Tatsache wird man in Zukunft vermehrt Aufmerksamkeit schenken müssen.
Hinweis: Auch in diesem Fall kann man z.B. sehen, dass die Aussage an sich schon viel früher von einem anderen Gelehrten des Hadīth überliefert wurde.
Zu den oben erwähnten Aussagen passend wurde in einem Gedicht formuliert:
اليَومَ شَيْءٌ وَغَدًا مِثْلُهُ * مِن نُخَبِ العِلْمِ الَّتي تُلْتَقطْ
يُحَصِّلُ المَرْءُ بِها حِكْمَةً * وَإِنَّما السَّيْلُ اجْتِماعُ النُّقَطْ
„Heute etwas und morgen ebenso *** von den (ausgewählten) Stücken des Wissens, die aufgesammelt werden.
Durch sie kommt der Mensch zur Weisheit *** und ein Fluss ist nichts anderes, als eine Ansammlung von Tropfen.“
Ein reißender Strom hat unglaubliche Kraft … bestand aber ursprünglich nur aus kleinen Tropfen!
Möge Allah uns zu nützlichem Wissen verhelfen, Āmīn.
اللَّهُمَّ انْفَعْنَا بِمَا عَلَّمْتَنَا، وَعَلِّمْنَا مَا يَنْفَعُنَا وَزِدْنَا عِلْمًا إِلَى عِلْمِنَا، يا ربّ العالمين، آمين.
وفّقنا الله وإيّاكم.