Freitagsansprache: Der vergessene Monotheismus –
Teil 1: Was bedeutet Islam?


 

Angaben zur Ansprache

Titel: Der vergessene Monotheismus – Teil 1: Was bedeutet Islam?

Von: Abu Hamzah al-Afghani

Sprache: Deutsch

Anmerkung: Als Erleichterung für den deutschsprachigen und auch den nicht-muslimischen Zuhörer wurde es vorgezogen, eine gekürzte Fassung zur Verfügung zu stellen, bei der vor allem längere arabische Teile weggekürzt wurden.

Die eigentliche Ansprache besteht aus zwei Teilen, dazwischen eine kurze Pause. Am Ende folgt das Gebet mit Rezitation von Versen aus dem Koran, welche meistens auch einen Bezug zum Thema haben oder in der Ansprache erwähnt werden.

Die im deutschen Hauptteil der Ansprache zitierten arabischen Quelltexte unterbrechen den Redefluss nicht nennenswert und werden immer übersetzt.

Am Ende dieser Seite befinden sich die Quellenangaben und eventuelle Anmerkungen, die für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema nützlich sein können.

Ursprünglicher Ort der Ansprache: al-Iman-Moschee in Wien

Gehalten am: 31.01.2014

Neu veröffentlicht: 2020

 

Audio-Datei

MP3-Download (Rechtsklick)

Die vollständige Aufnahme mit arabischer Einleitung und Gebet – sofern in der Aufnahme vorhanden – kann hier angehört bzw. (mit Rechtsklick) heruntergeladen werden.

 

Über den Tafsīr von at-Tabarī und das Zitieren von Gelehrten ganz allgemein

Abu Jaʿfar Muhammad ibnu Jarīr at-Tabarī – von dem ich z. B. in dieser Khutbah zitiert habe – lebte von 224 – 310 n. H.

Sein Tafsir ist im Grunde der erste Tafsir dieser Art, der vollständig bis zum heutigen Tage erhalten blieb. Es ist somit ein Tafsir, der ziemlich aus der Frühzeit des Islam kommt.

Der Tafsir von at-Tabarī nimmt unter den Tafsir-Werken der islamischen Geschichte eine außerordentliche Stellung ein, da es sich um ein ziemlich umfassendes Werk handelt, in dem die Überlieferungen der ersten Generationen zum Tafsir sehr zahlreich gesammelt wurden.

Eine vergleichbare Sammlung dieses Umfangs innerhalb eines einzelnen Werkes, die zudem bis heute vollständig erhalten geblieben ist und aus der Frühzeit des Islam stammt, ist nicht bekannt. Wer den Tafsir und seine Wissenschaften bzw. Teilbereiche studieren will, kommt keinesfalls um dieses Werk herum.

At-Tabari überliefert zu den Ayāt des Qur’ān die Aussagen der Sahabah رضي الله عنهم bzw. der ersten drei Generationen nach dem Propheten ﷺ mit seinen Überlieferungsketten zu diesen Personen.

Diese Umstände führten dazu, dass der Tafsir von at-Tabari als Grundlage für die Tafsir-Werke nach ihm herangezogen wurde.

Dabei ist auf einige Dinge hinzuweisen:

1) At-Tabari begnügt sich nicht ausschließlich mit Überlieferungen, wie andere Gelehrte dieser Zeit, sondern er erwähnt zusätzlich auch immer seine Schlussfolgerung, also sein eigenes Verständnis dieser Überlieferungen.

Manche Leute sehen diesen Umstand für sich genommen bereits als einen Kritikpunkt. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorgehensweise des Verfassers äußerst nützliche Einblicke in das Verständnis der Gelehrten der frühen Jahrhunderte, ihre Auslegungen des Qur’an und ihre Meinungsunterschiede gibt.

Andere frühe Werke beschränken sich zwar auf die bloße Überlieferung der ihnen vorausgehenden Aussagen zum Tafsir – was sicher auch seine Vorzüge hat. Diese Aussagen sind aber häufig nicht eindeutig und die Interpretationen können unterschiedlich ausfallen.

2) Die Überlieferungen von at-Tabari sind nicht automatisch als richtig anzusehen, und dies gilt im Allgemeinen auch für die anderen frühen Werke der Tafsir-Überlieferungen (at-Tafsiru l-ma’thūr).

Die bloße Tatsache, dass etwas in seinem Tafsir überliefert wurde, z.B. von einem Prophetengefährten, ist entgegen der Annahme mancher Personen kein Beweis dafür, dass die entsprechende Stelle im Qur’an nur so und nicht anders verstanden werden darf.

Viele dieser Überlieferungen sind bei Betrachtung der Überlieferungsketten aus rein hadith-wissenschaftlicher Sicht nicht als korrekt zu betrachten. Dies heißt wiederum nicht, dass solche Überlieferungen im Tafsir von Grund auf abgelehnt werden können, wie dies viele Menschen heute denken.

Wie mit den Überlieferungen zum Tafsir umgegangen werden sollte, kann in diesem kurzen Hinweis nicht abgehandelt werden. Für eine Einführung in die Tafsir-Wissenschaften und einen Überblick zum Thema sei auf das folgende Buch verwiesen:

„Erklärung des Vorworts zum tafsir von Ibnu Abi Hatim ar-Razi – Eine Einführung in die tafsir-Wissenschaft und die frühe tafsir-Überlieferung“

 

3) At-Tabari selbst war nicht von den ersten drei Generationen, sondern lebte längere Zeit danach.

4) In Bezug auf seine Verständnisse oder sonstigen Dingen, die er auch in dem Tafsir erwähnt, oder außerhalb, darf nicht vergessen werden, dass er ein Mensch war. Auch die ersten drei Generationen waren Menschen und Menschen machen Fehler. Auf at-Tabari trifft dies also genauso – oder noch eher als auf die Gelehrten vor ihm – zu.

5) At-Tabari galt über seine Zeit hinaus als anerkannter Gelehrter in Bezug auf die arabische Sprache. Auch in diesem Zusammenhang werden seine Aussagen häufig zitiert und die Zitate in dieser Khutbah haben auch mehrfach mit sprachlichen Erklärungen zu tun.

Allgemein ist deshalb zu sagen:

Die bloße Tatsache, dass von ihm oder einem anderen Gelehrten zitiert wird, darf nicht im Sinne einer Bestätigung verstanden werden, dass jede einzelne Aussage dieses Gelehrten korrekt oder ein unzweifelhaftes Argument in der Religion ist.

Die Dinge, die jedoch hier in der Khutbah erwähnt wurden, gehören zu den grundlegendsten Dingen im Islam überhaupt. At-Tabaris Erklärung unterscheidet sich hierbei also keinesfalls von den Erklärungen der anderen Gelehrten.

Das hier Gesagte gilt allgemein auch für alle anderen Gelehrten, von denen zitiert wird. Im Speziellen gilt dies auch für Sprachgelehrte und Verfasser von Wörterbüchern, insbesondere wenn diese später gelebt haben, wie Ibnu Mandhūr (gest. 711 n. H.) und sein Werk Lisānu-l-ʿArab. Bei solchen Zitaten geht es ausschließlich um sprachliche Aspekte.

Dadurch soll auch gezeigt werden, dass diese Dinge weithin bekannt waren und in den Wörterbüchern über die Jahrhunderte hindurch erwähnt wurden. Die weiteren Ansichten solcher Verfasser sind somit überhaupt nicht relevant, und die Tatsache, dass so ein Zitat erwähnt wird, sagt nichts über den Standpunkt zu ihren weiteren Ansichten aus.

Wallahu a’lam.

 

 

Quellen

Qur’an:

Sure 1 | Vers 1-5

Sure 2 | Vers 21, 112, 131

Sure 3 | Vers 67, 102

Sure 6 | Vers 79

Sure 16 | Vers 36

Sure 21 | Vers 25

Sure 27 | Vers 44

Sure 39 | Vers 29

Sure 51 | Vers 56

Sure 98 | Vers 5

Überlieferungen (Sterbedaten n. H.):

Ibnu Ishaq (151): Siratu Ibni Ishaq

Ibnu Abi Schaibah (235): Musannaf Ibnu Abi Schaibah

Al-Bukhari (256): Sahih al-Bukhari

Abu Jafar at-Tabari (310): Tafsir at-Tabari

Sonstige:

Ibnu Mandhur (711): Lisanu l-Arab

 

Quellenangabe der arabischen Texte

Monotheismus_1-Quellen