Erstmalig veröffentlicht 09/2020 im Telegram-Kanal “Tauhīd & Sunnah” (Link)

Die Schmähung der Philosophie und ihrer Anhänger (ذمُّ الكلامِ وأهلِه)

Die verwerfliche Philosophie führte schon bald in der Frühzeit des Islam zur Entstehungen von irregeführten Sekten mit einem verzerrten Islamverständnis und infolgedessen zu schwerer Spaltung und Zwietracht.

Diese Philosophie war zur damaligen Zeit – und ist bis heute – vor allem unter den Namen ‛Ilmu l-Kalām oder einfach nur al-Kalām, al-Mantiq (المنطق) und al-Falsafah bekannt. Im Grunde handelt es sich dabei größtenteils um die Regeln der griechischen Philosophie von Aristoteles und seinesgleichen, die von irregegangenen Sektierern übernommen wurden.

Solche Leute wandten diese Regeln auf die islamischen Quelltexte an, was zu einer Entstellung der Inhalte führte und nicht selten mit der Abtrünnigkeit vom Islam endete.

Die frühen Gelehrten der Salaf begegneten all dem geschlossen mit Ablehnung, was sehr zahlreich überliefert wird. So überliefert z.B. Abū Nu‛aim al-Asbahānī [gest. 430 n.H.], dass asch-Schāfi‛ī sagte:

… ثَنَا أَبُو مُحَمَّدِ بْنُ أَبِي حَاتِمٍ، ثَنَا يُونُسُ بْنُ عَبْدِ الْأَعْلَى، سَمِعْتُ الشَّافِعِيَّ، يَقُولُ: «لأَنْ يُبْتَلَى الْمَرْءُ بِكُلِّ مَا نَهَى اللهُ عَنْهُ مَا عَدَا الشِّرْكَ بِهِ خَيْرٌ مِنَ النَّظَرِ فِي الْكَلَامِ، فَإِنِّي وَاللهِ اطَّلَعْتُ مِنْ أَهْلِ الْكَلَامِ عَلَى شَيْءٍ مَا ظَنَنْتُهُ قَطُّ» [حلية الأولياء وطبقات الأصفياء]

„Dass ein Mensch mit allem geprüft wird abgesehen vom Schirk, ist besser für ihn als der Blick in die Philosophie. Ich habe – bei Allah – von der Philosophie Dinge gesehen, die ich mir (vorher) nie vorstellen hätte können.“

Dieselbe Aussage überliefert auch Abu ‛Umar ibnu ‛Abdi l-Barr [gest. 463 n.H.] und erwähnt dabei, dass asch-Schāfi‛ī dies sagte, nachdem er ein Gespräch mit Hafs af-Fard hatte, in welchem asch-Schāfi‛ī diese Person deutlich des Kufr bezichtigte, wie ebenfalls überliefert wird:

… يُونُسُ بْنُ عُبْدِ الْأَعْلَى قَالَ: ذَكَرَ لِيَ الشَّافِعِيُّ، رَحِمَهُ اللهُ، كَثِيرًا مِمَّا جَرَى بَيْنَهُ وَبَيْنَ حَفْصٍ الْفَرْدِ يَوْمَ كَلَّمَهُ ثُمَّ قَالَ لِيَ «اعْلَمْ أَنِّي اطَّلَعْتُ مِنْ أَهْلِ الْكَلَامِ عَلَى شَيْءٍ مَا ظَنَنْتُهُ قَطُّ، وَلَئنْ يُبْتَلَى الْمَرْءُ بِكُلِّ مَا نَهَى اللهُ عَنْهُ مَا عَدَا الشِّرْكِ خَيْرٌ لَهُ مِنْ أَنْ يَنْظُرَ فِي الْكَلَامِ» [جامع بيان العلم وفضله]

Die strikte Ablehnung und Verachtung der frühen Gelehrten gegenüber dem Kalām werden in unzähligen Überlieferungen erwähnt.

Dies geht so weit, dass ganze Bücher über dieses Thema zusammengetragen wurden, wie z.B. das Buch „Dhammu l-Kalāmi wa Ahlihi / Die Schmähung der Philosophie und ihrer Leute“ von Abū Isma‛īl al-Harawī [gest. 481 n.H.].

Dass Hadīth-Gelehrte, vor allem etwas spätere, solche Dinge in ihren Büchern überlieferten oder sogar ein ganzes Buch darüber zusammentrugen, bewahrte einige davon nicht, in einzelnen Angelegenheiten selber fehlerhafte ‛Aqīdah-Inhalte anzunehmen. (Siehe dazu auch, was an anderer Stelle zu diesem Thema bereits angemerkt wurde)

Wem das hier Gesagte klar ist, der wird nicht an der folgenden Schlussfolgerung vorbei kommen:

NIEMALS kann jemand auf dem Manhaj der Salaf und auf der Rechtleitung und dem ursprünglichen, reinen Islamverständnis sein, wenn er sich mit ‛Ilmu l-Kalām beschäftigt. NIEMALS.

… wie also erst, wenn jemand den Kalām unterrichtet, wa-l-‛Iyādhu bi-llāh.

Yā Rabb! Bewahre uns vor dem Übel derer, die den Kalām bloß anfassen … und vor dem Kalām selbst. … Āmīn.

Es sollte nicht vergessen werden: Das ist es, was die Salaf sagten. Diese Aussagen stammen nicht von uns selbst …

Das Übel des ‛Ilmu l-Kalām

Abu l-Qāsim Hibatu-llāh al-Lālakā’ī (gest. 418 n.H.) überliefert in seinem umfassenden Werk über die Sunnah (Scharhu Usūli ‛tiqādi Ahli s-Sunnati wa-l-Jamā‛ah) folgende Aussage von Abū Muhammad ibnu Abī Hātim ar-Rāzi:

وَسَمِعْتُ أَبِي وَأَبَا زُرْعَةَ يَأْمُرَانِ بِهِجْرَانِ أَهْلِ الزَّيْغِ وَالْبِدَعِ، يُغَلِّظَانِ فِي ذَلِكَ أَشَدَّ التَّغْلِيظِ، وَيُنْكِرَانِ وَضْعَ الْكُتُبِ بِرَأْيٍ فِي غَيْرِ آثَارٍ، وَيَنْهَيَانِ عَنْ مُجَالَسَةِ أَهْلِ الْكَلَامِ وَالنَّظَرِ فِي كُتُبِ الْمُتَكَلِّمِينَ، وَيَقُولَانِ: لَا يُفْلِحُ صَاحِبُ كَلَامٍ أَبَدًا. قَالَ أَبُو مُحَمَّدٍ: «وَبِهِ أَقُولُ أَنَا»

„Ich hörte meinen Vater und Abū Zur‛ah, wie sie:

      • das Meiden der Leute der Bid‛ah anordneten und dabei sehr hart waren,
      • das Verfassen von Büchern nach eigenen Ansichten und ohne Überlieferungen ablehnten,
      • das Sitzen bzw. den Kontakt mit den Leuten des Kalām untersagten
      • und ebenso das Lesen in den Büchern der Mutakallimīn (also der Leute des Kalām) untersagten.

Beide sagten: ‚Wer sich mit dem Kalām befasst, wird niemals glücklich [bzw. rechtgeleitet] sein‘

Abu Muhammad sagte hierzu: ‚Und dasselbe sage auch ich‘“

Diese Aussage ist ein weiteres von unzähligen Beispielen, für die ablehnende Haltung der frühen Gelehrten gegenüber der verwerflichen Philosophie.

Die genannten drei namhaften und bedeutenden Gelehrten (رحمهم الله تعالى) untersagen hier sogar grundsätzlich, bloß in die Bücher des Kalām zu blicken.

Umso merkwürdiger erscheint es, wenn manche Menschen meinen, auf dem Manhaj der Salaf zu sein, aber gleichzeitig Vorträge oder ganze Vortragsreihen zum Erlernen der Philosophie und ihrer Regeln abhalten.

Ebenso widersprüchlich ist es, wenn jemand bei der Erklärung einer Sache des Dīn die Aussagen der Salaf nur am Rande, also sehr selten erwähnt, während gleichzeitig fast ausschließlich von späteren Gelehrten – darunter auch viele Leute der Bid‛ah – zitiert wird.

Seit kurzem wird quasi an jeder Ecke behauptet, nun auf dem Manhaj der Salaf zu sein. Das ist eine gute Entwicklung und es ist zweifelsohne ein Entwicklungsprozess für jeden – bei uns ist das nicht anders.

Jedoch ist diese Angelegenheit derzeit sehr unklar. Viele Leute, Gruppen, Strömungen zählen sich zu diesem Weg, unterscheiden sich aber sehr stark in ihrem Manhaj.

Deshalb wird sich jeder, der ein richtiges Islamverständnis sucht, fragen müssen, was genau „Manhaj der Salaf“ überhaupt bedeutet.

In der Hoffnung diese Sache für uns und für euch zu verdeutlichen, posten wir solche Beiträge.

… والله أعلم … und Allah weiß es am besten.

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Die oben zitierte Aussage von Ibnu Abī Hātim wurde am Anfang des arabischen Buches „Eine Schrift zur Erklärung des Islam – nach der Methode der Leute des Hadīth“ als Leitprinzip für das Buch erwähnt. Deshalb wurden in dem Buch immer Überlieferungen aus den ersten Jahrhunderten erwähnt und keine Aussagen späterer Autoren, die nach der Zeit der Hadīth-Überlieferung lebten.